Beitragvon Nummer13 » Montag 16. März 2015, 11:44
Nach dem Spiel musste ich erst einmal joggen gehen, um meiner Familie den Frust nicht anzutun. Auch gestern war ich noch nicht in der Lage sachlich zu schreiben. Heute geht es besser. Vielleicht sollten manche das auch mal machen, dann würde hier über Seiten nicht nur Inhaltsloses verbreitet.
Vornweg: Ich möchte hier nicht die "Kogler raus"-Kommentare unterstützen.
Zum Spiel muss man ganz klar sagen, dass es nicht durch die Mannschaft, sondern das Trainerteam verloren wurde. Taktisch hat man so gut wie alles falsch gemacht. Es fängt mit der Aufstellung von Falk an und hört mit der Staffelung bei eigenem Eckball vor dem Gegentor auf.
Spätestens nach 10 Minuten war klar, dass die Aufstellung von Falk ein Fehler war. Einerseits weil Falk trotz einer Größe von 1,90+ kein Kopfballspieler ist und zweitens, weil Regensburg zwei Kanten gegen ihn gestellt hat, gegen die er kein einziges Duell gewonnen hat. Auch am Boden war er nicht anspielbar, weil die Bewegung fehlte und selbst die einfachste Ballverarbeitung ihm nicht gelang.
Bis gegen Kiel war unser Gegenpressing imposant. Ich hatte wirklich geglaubt, dass der Trainer und die Mannschaft es nun verstanden haben. Am Samstag konnte man wunderbar sehen, warum es nicht mehr funktioniert. 6 Spieler haben nach Ballverlusst sofort versucht den Ball zurückzuerobern. Mal davon abgesehen, dass bei den sechs Spielern auch nicht alles optimal abgestimmt war (Deckungsschatten), musste man erkennen, dass die Viererkette nicht nachgerückt ist und teilweise unfassbare 25-30m Platz zwischen letzten Mittelfeldspieler und Viererkette lagen. Dies passierte nicht nur beim Gegenpressing, sondern auch beim situativen hohen Pressing. Mit so einer fehlenden Kompaktheit ist es selbst für so einen Gegner nicht schwer mit langen Bällen das Pressing zu überspielen und trotzdem im Ballbesitz zu bleiben. Für mich stellt sich die Frage: War mit der Mannschaft nicht geklärt, wie man sich kollektiv in den Situationen verhalten soll oder hat sich die Mannschaft (insbesondere die Viererkette) hier einfach nicht so verhalten, wie besprochen? Wenn dem so wäre, hätte es das Trainerteam durch Coaching während des Spiels ändern müssen. Das ist aber nicht passiert. Hier zeigt sich aus meiner Sicht die größte Schwäche des Trainerteams. Man schafft es schon die ganze Saison nicht ein Spiel zu lesen und entsprechende Umstellungen im Matchplan vorzunehmen, um dem Spiel die gewünschte Wendung zu geben. Im konkreten Fall hätte die Viererkette viel höher stehen müssen, um den Raum für lange Bälle des Gegners zu verkleinern und somit ein Überspielen des Pressings zu verhindern.
Weiterhin war es ein Fehler sich auf das limitierte Spiel des Gegners einzulassen. Regensburg hat einfach nur lange Bälle auf, ich glaube er hieß Heinrichs, gespielt. Unsere Stärke ist die Ball- und Passsicherheit der kleinen und quirligen Spieler. Diese hätte man insbesondere gegen große und behäbige Innenverteidiger ausspielen können. Dazu hätte man natürlich statt Falk z.B. Wiegel ins Sturmzentrum stellen müssen. Dieser Fehler wird aber schon fast die gesamte Saison gemacht. Wir müssen über Kurzpässe und Ballbesitz den Gegner kontrollieren. Die Spieler dazu haben wir, aber wir nutzen sie nicht, weil viel zu häufig der Ball einfach lang geschlagen wird. Laurito war am Samstag dafür ein Paradebeispiel. Fast jeder Ball war nur auf Sicherheit einfach lang geschlagen. Das Schlimmste daran war, dass man selbst bei dieser Variante des Spielaufbaus inkonsequent war. Wenn man so mit langen Bällen agiert, muss man sofort mit 2-3 Spielern auf den zweiten Ball gehen, um in den gefährlichen Zonen in Ballbesitz zu kommen. Doch weder der zentrale Ablagestürmer (Falk) gewann einen Zweikampf, noch rückten genügend Spieler nach, um den Abpraller zu erobern. Man hat einfach defensiv abgewartet und gehofft, vorne würde einer ein Wunder fabrizieren. Erst eine Viertelstunde vor Schluss hat sich die gesamte Mannschaft nach vorn geschoben und siehe da, Regensburg hatte nichts entgegenzusetzen. Durch so eine einfache Maßnahme hätte man das ganze Spiel kontrollieren können und dem Gegner unser Spiel aufgezwungen. Das Gegentor nach dem Eckball war dann das i-Tüpfelchen des taktischen Fehlverhaltens. Erstens stand man glatt hinten mit drei Spielern auf einer Linie ohne zwischen Strafraum und diesen drei Spielern noch einen Spieler als Störer zu haben (Mannschaftstaktik). Zweitens gehen dann 30 Meter vor unserem Tor zwei Spieler der Dreikette gleichzeitig auf den Ballführenden (Gruppentaktik) und werden durch einen einfachen Pass ausgespielt. Der Rest war selbst für Regensburg dann nicht mehr schwer. Wenn der Trainer nach dem Spiel diese Fehler moniert, dann muss er sich auch fragen, wieso er nicht durch Coaching eingreift, und bei der Ecke keinen weiteren Spieler zwischen Strafraum und die Dreierkette beordert. Da wären wir wieder beim Thema fehlendes Coaching während des Spiels.
Insgesamt haben wir kein Spielkonzept, sondern spielen reinen Zufallsfußball. Auch fehlt mir die Erkenntnis, dass diese Saison etwas geht und die Lust darauf mehr zu erreichen. Offensichtlich ist das Trainerteam zu abwartend. Wir können nicht mehr absteigen und eigentlich nur noch gewinnen. Warum geht man dann in so ein Spiel und wartet ab bzw. reagiert nur auf den Gegner, anstatt selbst initiativ zu werden und das Spiel an sich zu reißen. Es fehlt das Selbstverständnis und die Spielphilosophie im Offensivspiel.
Für mich hat diese Mannschaft das Potenzial für einen Aufstieg in diesem Jahr. Allerdings muss man taktisch einiges ändern. Offensiv müssen wir bei geordnet stehendem Gegner unsere ballsicheren Spieler nutzen und von hinten über Kurzpässe im Zentrum das Spiel aufbauen. Außerdem dürfen wir nicht immer in der gegnerischen Hälfte sofort den vertikalen Risikopass spielen. Zu viele Bälle gehen verloren und müssen dann mühevoll zurückerobert werden. Hier muss der Ball zirkulieren und dann Lücken durch Positionswechsel gerissen werden, in die dann der Risikopass gespielt werden kann. Defensiv müssen wir wieder das kompakte Gegen- oder hohe Pressing spielen, bei dem wir die Bälle in der gefährlichen Zone erobern und dann bei aufgerückten Gegner schnell in die offenen Räume spielen. Hier sind dann endlich Kreuzungsbewegungen der Stürmer gefragt. Ein schönes Beispiel für gutes Kreuzen war das 4:0 der Bayern gegen Bremen. So reißt man Lücken und schafft Raum für den schnellen Abschluss.
Das Gute ist also, dass in der Mannschaft viel mehr Potential steckt, als bisher offenbart wurde. Jetzt ist es wichtig dieses Potential auch richtig zu nutzen und nicht taktisch teilweise gegen die Fähigkeiten der eigenen Spieler zu agieren.
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